Fünf Jahre nach Lampedusa

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Liquidation der Seenotrettung Von Heiko Kauffmann. Erschienen in DISS-Journal 36 (2018) ((Mit freundlicher Genehmigung des Autors aus: Ostsee-Zeitung vom 2.10.2018.)) Am 3. Oktober 2013 versetzt die Schiffs­katastrophe mit Hunderten Toten vor Lampedusa die Welt in Schrecken. Der Papst spricht von der „Schande Europas“, Bundeskanzlerin Merkel zeigt sich „tief bestürzt“ und verspricht alles zu tun, „um zu verhindern, dass weitere Opfer im Mit­telmeer umkommen. Das vereinbart sich nicht mit unseren Werten.“ Politiker aus allen Ländern reisen zum Unglücksort und geloben, fortan die Menschen besser zu schützen. Italien legt das Rettungs­programm Mare Nostrum auf, das bis zu seiner Einstellung Ende 2014 mehr als 160000 Menschen das Leben rettet. Heute schützt Europa die Grenzen, nicht die Menschen. Ende September 2018: Das letzte noch im Mittelmeer operierende zivile Seenotrettungs-Schiff „Aquarius“ mit 58 Schiffbrüchigen an Bord wird an…

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Hütchenspiele der AfD im NRW-Landtag

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Eine DISS-Arbeitsgruppe untersucht rhetorische Strategien von AfD-RednerInnen. Von Jobst Paul. Erschienen in DISS-Journal 36 (2018) Schon 2013 beschrieb der Bonner Politikwissenschaftler Frank Decker die Strategie der AfD als Versuch, ihre Politik und ihre Rhetorik der Un­gleichheit in ein bürgerliches Image zu verpacken. Der weitere Erfolg der Par­tei hänge dann, so die These von Jan Ackermann im Anschluss an Decker, davon ab, ob sie weiterhin der Öffent­lichkeit ein bürgerlich-liberales Bild präsentieren könne, „während gleich­zeitig andere Parteimitglieder rechts­populistische Positionen und Rhetori­ken bedienen“. ((Jan Ackermann: Der (Rechts-)Populismus und die AfD. Zum extremismustheoretischen Verständnis des (Rechts-)Populismus bei Franz Decker, in: DISS-Journal 29/2015, 9; Frank Decker: Das Parteiensystem vor und nach der Bundestagswahl 2013, in: Zeit­schrift für Staats- und Europawissenschaften 3, 323-342. )) In einer vorläufigen Sondierung hat nun eine Arbeitsgruppe am DISS (Janina Rott, Jobst Paul) den…

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Nach Chemnitz: Gaulands Visionen

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von Helmut Kellershohn. Erschienen in DISS-Journal 36 (2018) Die Ereignisse von Chemnitz sind ein Signal. Sie verweisen auf die spektren- und milieuübergreifende Mobilisierungsfähigkeit der rechtspopulistischen und extrem rechten Kräfte in diesem Lande. Sie demonstrierten den Schulterschluss zwischen ‚besorgten‘ Bürgern, Anhängern und Mitgliedern von AfD, NPD, den Republikanern, Neonazis aus der Kameradschaftszene, aus den Parteien „Die Rechte“ und „Der dritte Weg“, aus dem Kreis rechtsextremer Hooligans und der Rechtsrock- und Kampfsportszene sowie Pegida-Anhängern und Aktivisten der Identitären Bewegung. Und sie zeugten ein weiteres Mal von der Halbherzigkeit der staatlichen Organe, von der Polizeiführung bis hin zu Teilen der sächsischen Landesregierung, im Umgang mit extrem rechten Auftritten und Artikulationen. Auf übergeordneter Ebene signalisierte die „Causa Maaßen“ nicht nur die Oppo­sition von Teilen der Sicherheitsorgane gegen die Flüchtlingspolitik der Kanzle­rin, sondern auch die Gespaltenheit des Blocks…

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Öffentliche Debatten um Meinungsfreiheit und Medien in Deutschland

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Anmerkungen zum kommenden DISS-Colloquium (23.-25.11.2018) von Regina Wamper, erschienen in DISS-Journal 35 (2018) Die politische Kultur in Deutschland ist in einen Kampf um mediale Wahrheit verwickelt. Was gilt als „Real News“ und was als „Fake News“? Oftmals findet die Auseinandersetzung darüber im Rahmen einer binären Inszenierung statt, in der tatsächliche Probleme der gegenwärtigen Medienproduktion unter den Tisch fallen. Gleichzeitig bilden diese Probleme allerdings auch ein Substrat, auf dem politische Akteur*innen versuchen, unter dem Schlachtruf der Meinungsfreiheit reaktionäre politische Ideen durchzusetzen. Mit diesem Spannungsfeld wird sich vom 23. bis 25. November 2018 das Kooperationscolloquium des DISS in der Würzburger Akademie Frankenwarte beschäftigen. Ausgerechnet der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer SE, Mathias Döpfner kritisierte jüngst in einem Gastbeitrag für das Deutschlandradio-Programmheft ((Mathias Döpfner: „Die Lüge ist Alltag geworden“, in: Deutschlandradio-Programmheft, Juni 2018, S. 14. )) die…

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Christliche Männlichkeit und jüdische Erfahrung

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Von Jobst Paul, erschienen in DISS-Journal 35 (2018) ((Ich stütze mich auf die Rezension von Jennifer Caplan (Towson University) [https://www.h-net.org/reviews/showrev. php?id=50827][accessed 28.05.2018] )) Wie hängen jüdische Identität, Männlichkeit und Amerika zusammen? Sarah Imhoff legt in ihrer mehrdimensionalen und daher komplexen Untersuchung Masculinity and the Making of American Judaism die knappe Periode zwischen 1900 und 1924 zugrunde. Ausgangspunkt Imhoffs ist die von der christlichen Mehrheitsgesellschaft in den USA zu Beginn des 20. Jahrhunderts gesetzte, rassistisch unterlegte Rollenvorstellung des (weißen, christlichen) ‚Mannes‘ als eines einsamen, selbstbeherrschten, in die Wildnis ausschweifenden Wolfs. In welcher Weise haben jüdische Männer, denen zugeschrieben wurde, dieser Rollenerwartung grundsätzlich nicht entsprechen zu können, auf sie reagiert? Im Hauptteil ihrer Arbeit antwortet Imhoff auf diese Frage mit einer Fülle von Fallstudien, die gerade angesichts unterschiedlichster jüdischer Entwürfe von Männlichkeit die Widersprüchlichkeit des…

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Die USA als carcereal state –

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oder: Rassismus als flexible diskursive Ressource Rezension von Jobst Paul, erschienen in DISS-Journal 35 (2018) ((Ich stütze mich auf die Rezension von Brandon T. Jett (Rollins College), http://www.hnet.org/reviews/showrev.php?id=50327 [accessed 29.05.2018]. )) Gibt es einen nachweisbaren Zusammenhang zwischen Rassismus und dem Status der USA als Gefängnisstaat (carcereal state)? Wollte das weiße Amerika mit der Null-Toleranz-Strategie die Errungenschaften der Civil-Rights-Bewegung aushebeln? James Forman Jr., ein früherer Pflichtverteidiger und nun Yale-Rechtsprofessor, nähert sich in Locking Up Our Own: Crime and Punishment in Black America dem Thema der heutigen Masseneinkerkerung vor allem von schwarzen US-Bürgern mit Erfahrungen aus erster Hand und mit Zugang zu authentischen Quellen. Mit Blick auf die Entwicklung vor allem in Washington DC von 1970 bis heute verweist er auf einen komplexen diskursiven Prozess, in dessen Zentrum die umstrittene Tatsache steht, dass viele schwarze…

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Restriktion, Abwehr, Umschreiben: Kohls Angst vor der Geschichte

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Von Jobst Paul, erschienen in DISS-Journal 35 (2018) Jacob S. Eder, Holocaust Angst: The Federal Republic of Germany and American Holocaust Memory since the 1970s. Oxford: Oxford University Press, 2016. 320 pp. $ 35.00. ((Ich stütze mich auf die Rezension von Deborah Barton (Université de Montréal) [https://www.h-net.org/reviews/showrev. php?id=50061]. Vgl. auch Jacob S. Eder, What West Germany Got Wrong About the U.S. Holocaust Memorial Museum. In: TIME. )) Der Jenaer Historiker Jacob S. Eder arbeitet ein in Deutschland eher undeutlich wahrgenommenes Kapitel der deutschen Nachkriegsgeschichte auf, nämlich die Reaktion der politischen Eliten Westdeutschlands, und insbesondere der Regierung Kohl, auf die Aufarbeitung des Holocaust und des NS in den USA. Zweifellos wurde Westdeutschland vom wissenschaftlichen, medialen und publizistischen Aufbruch überrascht, der sich zu Beginn der 1970er Jahre in der USA abzeichnete. Überlebende des Holocaust meldeten…

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Stigmatisierung als flexible ökonomische Ressource

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von Jobst Paul, erschienen in DISS-Journal 35 (2018) Flora Cassen Marking the Jews in Renaissance Italy: Politics, Religion, and the Power of Symbols. Cambridge: Cambridge University Press, 2017. 300 pp. $99.99 (cloth), ISBN 978-1-107-17543-3. ((Ich stütze mich auf die Rezension von Cornelia Aust (Leibniz Institute of European History), https://www.h-net.org/reviews/showrev. php?id=51007 [accessed 29.05.2018] )) Was ursprünglich vom römischen Lateralkonzil von 1215 ausging und was das Naziregime 1939 bzw. 1941 mit technokratischem Zynismus aufgriff, breitete sich als Praxis, ob nun über gelbe Hüte oder gelbe Stoffmarken, auch in den italienischen Städten der Renaissance aus  – die öffentliche Markierung von Juden. In ihrer Untersuchung Marking the Jews in Renaissance Italy: Politics, Religion, and the Power of Symbols versucht Flora Cassen, das soziale Geschehen dieser Exklusion in konkreten Kontexten, d.h. anhand von Archiven und Aufzeichnungen zu dokumentieren.…

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Totgesagte leben länger

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Zum 200. Geburtstag von Karl Marx von Wolfgang Kastrup, erschienen in DISS-Journal 35 (2018) Der tote Hund beißt zurück – auch nach 200 Jahren: Die Wiederentdeckung Marx‘scher Kategorien der Kritik der politischen Ökonomie geht einerseits auf die Unfähigkeit bürgerlicher Wirtschaftswissenschaft zurück, kapitalistische Krisen zu erklären geschweige denn vorherzusagen, siehe die fundamentale Wirtschafts- und Finanzkrise 2007/2008. Andererseits ist sie eine Antwort auf die individuellen Leiderfahrungen vieler Menschen, verursacht durch geringe Einkommen, prekäre Jobs, unsichere Lebensplanung, zunehmende Arbeitshetze und Arbeitsverdichtung, durch den immer stärker werdenden Konkurrenzdruck. Mit der neoliberalen Regulation des Kapitalismus sind diese Leiderfahrungen vieler Menschen intensiver geworden. Die Marx‘sche Ökonomiekritik bietet Erklärungsansätze, die heute wieder von Interesse sind. Der rote Faden, der das Werk von Karl Marx insgesamt bestimmt, ist kritische Theorie, in dreierlei Hinsicht: Erstens richtet sie sich gegen die damaligen ökonomischen…

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Diskuratlas Antifeminismus

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von Andreas Kemper, erschienen in DISS-Journal 35 (2018) Von einem konkreten Beispiel ausgehend wirft der Beitrag die Frage auf, wie aus einer diskurskritischen Perspektive der moderne Antifeminismus, der sogenannte „Antigenderismus“, dargestellt werden kann. Eine Antwort darauf ist der jüngst im Internet gestartete „Diskursatlas Antifeminismus“. Im März 2018 wurde ein europäisches antifeministisches konspiratives Netzwerk aufgedeckt. Unter dem Label „Agenda Europe“ entstanden 2014 ein anonymer Blog, ein jährlich in verschiedenen europäischen Städten konspirativ tagendes Netzwerk und ein 134seitiges anonymes und nicht-öffentliches Handbuch „Agenda Europe: Restoring the Natural Order“. In diesem Handbuch finden sich die Ziele sehr klar wiedergegeben: Eine „natürliche Ordnung“ soll restauriert werden. Insbesondere meint dies, dass die Ehe für alle und liberale Abtreibungsrechte bekämpft werden sollen. Hierzu sollen wichtige politische Schaltstellen in Europa mit PolitikerInnen aus dem Netzwerk besetzt werden. Aber auch die…

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