Mit dem Bürgergeld in die Hängematte

Kontinuität und Wandel beim „Sozialmissbrauch“ Von Ursula Kreft und Hans Uske „Sozialmissbrauch“ ist seit Jahrzehnten ein häufig erwähntes, zentrales Thema in Debatten und Medien-Berichten über den Sozialstaat, aktuell auch bei der Einführung und der Erhöhung des „Bürgergelds“. Wir nehmen dies als Anlass für einen kleinen Rückblick auf Kontinuität und Wandel populärer Vorstellungen über den Sozialstaat und den immer wieder vermuteten Missbrauch, verbunden mit einem kleinen Ausblick.   Welche Argumentationsfiguren kennzeichnen die Redeweise vom „Sozialmissbrauch“? Bei Äußerungen über „Sozialmissbrauch“ fallen bestimmte Argumentationsfiguren besonders auf, weil sie in den Medien wie in politischen Reden über Jahrzehnte hinweg immer wieder auftauchen. Wir wollen zunächst zwei zentrale Argumentationsfiguren anhand von Beispielen aus früheren Jahren skizzieren, um dann darzustellen, was sich im Diskursstrang zum „Sozialmissbrauch“ verändert hat und was nicht.   Dichotomie als Basis: „Wir“ als Opfer, „Sie“…

WeiterlesenMit dem Bürgergeld in die Hängematte

Rassismus und „Flüchtlingskrise“

  • Beitrags-Kommentare:0 Kommentare

Von Ursula Kreft und Hans Uske. Erschienen in DISS-Journal 31 (2016) Der Verlauf der öffentlichen Debatten über die „Flüchtlingskrise“ zeigt eine Aktivierung und Aktualisierung vorhandener rassistischer Stereotype. Dabei geht es im Wesentlichen nicht um den Hardcore-Rassismus am rechten Rand, der Deutschland arisieren möchte und in jedem fremden Gesicht den zu beseitigenden Feind erblickt. Diesen Rassismus gibt es und wahrscheinlich breitet er sich aktuell aus, befeuert durch diskursive Ereignisse wie Terroranschläge. Aber er ist in Deutschland zurzeit zum Glück nicht hegemonial. Wahrscheinlich wird der Hardcore-Rassismus auch nicht hegemonial werden, wenn die oben geschilderte Normalisierung gelingt. Das ist das Perfide an der Normalisierung im flexiblen Normalismus: Man lernt zu hoffen, dass der „normale“ Alltagsrassismus erhalten bleibt. Der alltägliche Rassismus ist eingebettet in ein Konglomerat unterschiedlicher Stereotype. Einerseits empört sich der Alltagsrassist über sexhungrige junge Männer…

WeiterlesenRassismus und „Flüchtlingskrise“

Grenzen ziehen ohne Obergrenze

  • Beitrags-Kommentare:0 Kommentare

Die Normalisierung der „Flüchtlingskrise“ Von Ursula Kreft und Hans Uske. Erschienen in DISS-Journal 31 (2016) Manche Begriffe haben eine kurze Halbwertzeit. Kaum jemand redet zurzeit noch von der „Obergrenze“, die 2015 existentiell wichtig war und gefühlte tausend Mal in Talkshows und Kommentaren diskutiert, bestimmt, verworfen und problematisiert wurde. Lebendig geblieben ist dagegen die „Flüchtlingskrise“, obwohl zurzeit nur noch wenige Flüchtlinge deutschen Boden erreichen. Was ist passiert? Und wird jetzt alles wieder normal?   „Flüchtlingskrise“: Die De-Normalisierung der Asylpolitik seit Sommer 2015 In Rückblicken auf den Sommer 2015 dominierten Anfang 2016 diskursive Ereignisse vom Typ des „Sommermärchens“ mit der Willkommenskultur der ehrenamtlichen Unterstützer/innen und Varianten der Parole „Wir schaffen das“. Die Ereignisse im Sommer 2015 waren aber auch der Beginn der De-Normalisierung der damals praktizierten Asylpolitik. Die Zahlen der Asylsuchenden waren zwar schon in…

WeiterlesenGrenzen ziehen ohne Obergrenze

Burnout: Wann darf man heutzutage psychisch krank werden?

  • Beitrags-Kommentare:0 Kommentare

Diskursive Rahmenbedingungen für präventiven Arbeits- und Gesundheitsschutz. Von Ursula Kreft, DISS-Journal 22 (2011). Die Liste der Promis, die sich öffentlich „psychisch krank“ gemeldet haben, ist lang. Jüngst hat es Ralf Rangnick, den Trainer von Schalke 04, erwischt. Statt als „Weichei“ wahrgenommen zu werden, darf man heute „Burnout“ haben. Was ist geschehen? Der folgende Artikel basiert auf Überlegungen, die im Rahmen des BMBF-Projektes „Präventiver Gesundheitsschutz in der IT-Branche“ ((Das vom BMBF und der EU geförderte Verbundprojekt „ITG – Präventiver Gesundheitsschutz in der IT-Branche“ wurde 2008-2011 vom Rhein-Ruhr-Institut für Sozialforschung und Politikberatung (RISP) e.V. an der Universität Duisburg-Essen und dem Berufsfortbildungswerk des DGB (bfw) Ruhr-Emscher-Lippe zusammen mit Unternehmen der Branche, Verbänden und Gewerkschaften durchgeführt. (www.it-gesundheit.de) )) entstanden sind, bei dem das Thema „Burnout“ eine entscheidende Rolle als „Türöffner“ für den präventiven Gesundheitsschutz bei Unternehmen und…

WeiterlesenBurnout: Wann darf man heutzutage psychisch krank werden?

Die Normalisierung der Armut

  • Beitrags-Kommentare:0 Kommentare

Von Ursula Kreft und Hans Uske. Erschienen in DISS-Journal 12 (2004) Armut ist bei uns besiegt. Der Sozialstaat hat sie abgeschafft, verbannt in die dritte Welt und in die Geschichten der Großeltern. Dies war bisher einer der Grundpfeiler des deutschen Sozialdiskurses, selbst dann noch, als der Sozialstaat ins Gerede kam. Es ging ja immer noch um seine „Gesundung“, um seinen „Umbau“. Auch die ständigen Warnungen von Oppositionspolitikern vor dem „Sozialabbau“ und vor „Armut“ waren Teil dieses gesellschaftlichen Konsenses. Auf den Wahlplakaten der SPD in den 90er Jahren drohten daher noch Zahnlückenträger vor den unsozialen Folgen der Unionspolitik. Heute findet Rot-Grün nichts dabei, Mut zur Zahnlücke zu zeigen und die Zahnarztkosten für Familien zu vervielfachen. Andererseits: Aus dem „Mut zur Krücke“ wurde - vorerst - nichts. Den Vorschlag des Vorsitzenden der Jungen Union, Hüftoperationen…

WeiterlesenDie Normalisierung der Armut

Nie mehr arbeitslos!

  • Beitrags-Kommentare:0 Kommentare

Von Ursula Kreft, erschienen in DISS-Journal 2 (1998) Was kein Politiker mehr zu sagen wagt, das verspricht der neue Bericht an den Club of Rome: Die Arbeitslosigkeit wird abgeschafft, radikal und vollständig, und zwar für alle Menschen von 18 bis - man höre und staune - 78 Jahren.   Unter dem Titel "Wie wir arbeiten werden" ist der Bericht, verfaßt von dem Ex-Manager Giarini und dem Ökonomen Liedtke, nun auf Deutsch erschienen. Club-Mitglied Ernst Ulrich von Weizsäcker lieferte ein begeistertes Vorwort, und die meisten Medien kommentierten positiv: Die Vorschläge seien visionär, aber machbar, eine sozialverträgliche Alternative zum ansonsten unvermeidbaren "amerikanischen Weg" zu Billiglöhnen und wachsender Armut. Vor allem das sogenannte "Drei-Schichten"-Modell, tatsächlich ein zentrales Element des Berichts, hat gute Chancen, sich in der Debatte zu etablieren - als geschickte Lösung, mit der man…

WeiterlesenNie mehr arbeitslos!

Tödliche Mahlzeit

  • Beitrags-Kommentare:0 Kommentare

Warum die Dinosaurier ausgestorben sind. Von Ursula Kreft, erschienen in DISS-Journal 1 (1998) Hach, war das ein gemütliches Leben in der frühen Kreide: Colesterin war unbekannt, man aß, was einem schmeckte, stapfte lustig durch lauwarme Sümpfe und ahnte nicht, wozu gewisse Säuger mit Laptops fähig sind. 100 Millionen Jahre später ist das Image ruiniert. Nur Zehnjährige lieben Dinos, Erwachsene benutzen sie als abschreckendes Beispiel: Wer sich nicht anpaßt, stirbt aus. Von jeher hat die jeweilige Info-Elite die Dinosaurier ausgegrenzt und ihren Tod für Propaganda-Zwecke ausgeschlachtet, angefangen bei Noah, diesem nervtötenden Besserwisser, der alle, die ihm nicht paßten, elendig ersaufen ließ und sich nachher mit "Befehl von oben" herausredete. Als die Sintflut keinen Sünder mehr zur Beichte trieb, behauptete man, eine kleine Elite von intelligenten Säugern hätte alle Dino-Eier ausgeschlürft. Der Fortschritt triumphierte, und…

WeiterlesenTödliche Mahlzeit

Inhalts-Ende

Es existieren keine weiteren Seiten